Tim und Emma retten den Schrebergarten

Cover des Buches Tim und Emma retten den Schrebergarten
Cover des Buches Tim und Emma retten den Schrebergarten
September 2020
85
978-3751997027

 

Emma ist außer sich vor Freude: End­lich konn­ten ihre Eltern einen Garten pach­ten! Doch die Freude wird bald ge­trübt, denn immer wieder wird der Garten sabo­tiert. Zu­sam­men mit ihrem besten Freund Tim geht Emma der Sache nach, und sie haben auch schnell einen Ver­dacht, wer hinter dem Ärger stecken könn­te. Doch der Ver­dacht reicht nicht, damit die Polizei etwas unter­nehmen kann, und als Tim und Emma Be­weise sam­meln wollen, ge­raten sie in große Gefahr.

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Das Buch gehört zur Serie Tim und Emma

Autorenplauderei: Verlorene Ideen

Wenn sich eine Ge­schich­te ent­wickelt, dann be­deu­tet das für den Autor manch­mal auch Ab­schied zu nehmen von Ideen, die im Gesamt­bild keinen Platz mehr finden. Bei meinen Ge­schich­ten ist das lo­gisch, weil ich ja oft nicht bis ins Detail voraus­plane. Ich schät­ze aber, dass Auto­ren, die wirk­lich jede Kleinig­keit fest­legen, ehe sie an­fan­gen zu schrei­ben, das Phä­nomen eben­falls kennen. Der Unter­schied ist, dass die Ideen bei ihnen schon im Pla­nungs­stadium raus­fliegen, bei mir erst während des Schrei­bens. Bei Tim und Emma retten den Schreber­garten musste ich so die Vor­ge­schich­te ihres Garten unter den Tisch fallen lassen: Dass die vor­herigen Pächter den Garten (bzw. den Pacht­vertrag) von den ver­stor­benen Eltern geerbt und be­halten haben, ohne ihn viel zu nutzen, bis sie weg­ziehen mussten, hätte sich nur mit Ge­walt irgend­wo in den Text pressen lassen. Schade, aber nicht zu ändern.

Die erste vollständige Schulwoche nach den Sommerferien näherte sich dem Ende, und so ganz allmählich kamen die Schüler wieder im Alltagstrott an. Die meisten hätten sicherlich auch nichts gegen die eine oder andere Woche Ferien mehr einzuwenden gehabt, aber einige waren auch ganz froh, dass sie ihre Freunde wieder regelmäßig sahen.

Tim, für den das sechste Schuljahr begonnen hatte, hatte damit kein Problem. Seine Freunde gingen ohnehin nicht alle in seine Klasse und zum Teil nicht mal auf die gleiche Schule. Er hatte sich auch in den Ferien mal mit diesem, mal mit jenem verabredet, oft auch mit mehreren zugleich.

Zu seinem Freundeskreis gehörte auch ein Mädchen, und dass die anderen Jungen das teils argwöhnisch betrachteten, störte ihn nicht. Er kannte Emma schon ganz lange, sie wohnte nicht weit von ihm entfernt, sie waren im Kindergarten in der gleichen Gruppe und auch auf der gleichen Grundschule gewesen. Dass Emma nicht aufs gleiche Gymnasium ging wie Tim, lag nur daran, dass ihre Mutter schon auf der Schule gewesen war, die sie jetzt besuchte.

Ein paar Wochen vor den Ferien hatten Tim und Emma gemeinsam einen gemeinen Hundemörder geschnappt. Nur ihnen war es zu verdanken, dass noch kein Hund zu Schaden gekommen war, Tim hatte im allerletzten Moment verhindert, dass Tessa, die Mischlingshündin des alten Herrn von Bowel, den mit Glassplittern gespickten Wurstköder fraß. Zusammen mit Emma hatte er sich dann auf die Lauer gelegt und tatsächlich herausfinden können, wer die Köder ausgelegt hatte. Es war sehr gefährlich geworden für die Kinder, aber es war noch mal gutgegangen, und die Polizei hatte den Hundehasser verhaftet.

Das Erlebte hatte sie zusammengeschweißt. Sie hatten sich immer schon gut verstanden, und seit der erfolgreichen Jagd nach dem Hundehasser trafen sie sich öfter und machten irgendwas zusammen. Manchmal waren Freunde von Tim dabei, oder Freundinnen von Emma, manchmal waren sie aber auch nur zu zweit.

Dass Emma Tim von der Schule abholte, war trotzdem ungewöhnlich. Genauer gesagt konnte Tim sich nicht entsinnen, dass es überhaupt schon mal vorgekommen war. Normalerweise fuhr sie mit ihrer besten Freundin Hannah nach Hause, und an seiner Schule vorbeizukommen, war für sie ein Umweg. Schaffen konnte sie das auch nur, weil seine Schule zehn Minuten später mit dem Unterricht begann als ihre, und auch dementsprechend später aufhörte.

Entsprechend überrascht waren auch seine Klassenkameraden. Linus, in der Klasse Tims bester Freund, pfiff anzüglich durch Zähne. „Seid ihr jetzt…?“, wollte er wissen. An den Gesichtern konnte Tim ablesen, dass die anderen Jungen, die noch dabei waren, sich die gleiche Frage stellten.

Tim hatte sich über solche Dinge noch nie Gedanken gemacht. Er mochte Emma, aber verliebt…? Das Thema war für ihn ganz weit weg, und eigentlich glaubte er auch nicht, dass es sich umgekehrt anders verhielt. Aber wusste man‘s? Etwas unsicher zuckte er mit den Schultern. „Wäre mir neu“, beantwortete er Linus‘ Frage wahrheitsgemäß. Allerdings wunderte er sich selbst, was Emma wollte, und dass sie seinetwegen gekommen war, lag auf der Hand.

Sie war unübersehbar aufgeregt, aber nicht bange, wie Tim vermutete, dass er gewesen wäre, wenn er einem Mädchen sagen wollte, was er für es fühlte. Sie versuchte auch nicht, ihn von den anderen wegzulotsen, auch das sprach dagegen, dass es um etwas Romantisches ging.

„Kommst du mit zu mir?“, fragte sie ihn ohne Umschweife. „Ich muss dir was zeigen.“ Sie zögerte kurz, schien sich nicht sicher zu sein, ob sie mehr verraten sollte. Aber sie merkte wohl selbst, dass sie genauer werden musste, um Tim zu überzeugen und zu verhindern, dass seine Freunde wilde Gerüchte ausbrüteten. Außerdem musste Tim ja auch seine Eltern um Erlaubnis fragen, und die würden nicht ja sagen, wenn er ihnen nur mit vagen Andeutungen kam. „Wir haben endlich einen Garten!“, fügte sie deshalb hinzu, und man merkte, dass schon der Gedanke sie ganz verrückt machte.

Tim wusste, dass Emmas Eltern sich schon lange einen Garten gewünscht hatten. Das Mietshaus, in dem Emma wohnte, hatte zwar etwas Grün drumherum, aber damit konnte man nicht viel anfangen. Selbst dass die Mieter im Sommer Liegestühle und ein aufblasbares Planschbecken dort aufstellten, wurde nur geduldet, und Gemüsebeete anlegen durften sie natürlich erst recht nicht. Aber es war wohl auch schwer, ein Haus mit Garten zu finden, und wenn man eins fand, dann war es unbezahlbar.

Ein Anruf zu Hause regelte, dass Tim sich den Garten ansehen durfte. Seine Mutter kannte Emmas recht gut und hatte deshalb keine Bedenken, Tim zum Mittagessen mit zu Emma gehen zu lassen. Sie schien selbst gespannt zu sein, was Emmas Eltern da aufgetan hatten, verzichtete aber auf Fragen. Wahrscheinlich war ihr klar, dass Tim selbst noch nichts Genaues wusste und auch keine Lust hatte, lange zu telefonieren.

Erst auf dem Weg von der Bushaltestelle zu Emmas Zuhause erfuhr Tim zumindest in groben Zügen, wie Emmas Eltern plötzlich zu ihrem ersehnten Garten gekommen waren. Sie hatten sich nicht nur nach einem Haus mit Garten umgeschaut, das sie mieten oder kaufen konnten, sondern sich auch bei Schrebergartenvereinen um eine Parzelle beworben. Emma erzählte, dass ihre Eltern wohl selbst überrascht gewesen waren über die Wartezeit, denn sie hatten gehört, dass der Andrang längst nicht mehr so groß wie früher war. Früher hatte jede Schrebergartenanlage Wartelisten gehabt, länger als Emmas Arm, und ohne Beziehungen hatte man mitunter erst nach vielen Jahren einen Garten bekommen. Doch inzwischen hörte man, dass sich das Bild wandelte, und mancherorts suchten die Schrebergartenvereine händeringend neue Pächter für die brachliegenden Parzellen. Doch was die Anlagen in erreichbarer Nähe betraf, gab es noch Wartelisten, wenn auch zum Glück nicht derart lange. Etwas mehr als zwei Jahre hatten Emmas Eltern warten müssen, und es war, wenn Emma es richtig mitbekommen hatte, die vierte Parzelle, die in dieser Zeit frei geworden war.

 

***

 

Emmas Mutter hatte Verständnis dafür, dass die Kinder sich nicht lange mit Mittagessen aufhalten wollten. Emma brannte natürlich darauf, Tim den Garten zu zeigen, und Tim war auch neugierig, ihn zu sehen. Also aßen Tim und Emma nur eine Kleinigkeit und machten sich dann auf den Weg. Emmas Mutter würde später mit Emmas kleiner Schwester Alva nachkommen.

Der Weg war nicht sehr weit, zu Fuß brauchte man bei normalem Tempo etwas mehr als zehn Minuten. Auch da hatten Emmas Eltern Glück gehabt, dass ausgerechnet in dieser recht nah bei ihnen gelegenen Anlage eine Parzelle frei geworden war. So konnte zumindest Emma auch mal allein in den Garten gehen, Alva war dafür mit ihren fünf Jahren noch zu jung.

Die Schrebergartenanlage lag zwischen den letzten Häusern des Stadtteils und dem Rand eines schütteren Waldstreifens. Sie war etwas zurückgesetzt von der Straße und versteckt hinter einem Fußballplatz. Den Parkplatz teilten sich Sport- und Schrebergartenanlage, was vermutlich vor allem am Wochenende zu Konflikten führte, wenn der Verein spielte, aber auch viele Leute im Garten waren. Es gab ein Vereinsheim, einen Flachbau, der groß genug war, um darin Versammlungen abzuhalten. Ein Schaukasten neben der Tür war vollgestopft mit Aushängen, die Tim aber im Vorbeigehen nicht entziffern konnte. Er erkannte nur, dass wohl auch ein Lageplan darunter war, und den brauchte man auch. Die Anlage schien nicht unbedingt riesig zu sein, aber sie war unübersichtlich, und Wegweiser konnte Tim nicht entdecken. Viele Gärten versteckten sich hinter hohen Hecken, andere hinter Palisaden oder mit Planen verhängten Maschendrahtzäunen. Von den Hütten waren oft nur die Dächer zu sehen, daneben überragten Obstbäume und hier und da Spielgeräte wie Schaukeln oder Trampoline die Sichtbarrieren.

Emma war auch erst ein Mal hier gewesen. Ihre Eltern hatten gewusst, dass sie seit einigen Monaten ganz oben auf der Warteliste standen, und zu Beginn der Woche hatten sie den Anruf bekommen, dass eine Parzelle frei geworden war. Danach war alles ganz schnell gegangen, Emmas Eltern hatten den Garten noch am selben Tag besichtigt und einen Tag später den Pachtvertrag unterschrieben. Am Vortag hatten sie dann Emma und Alva überrascht, sie waren mit ihnen zum Schrebergarten gefahren, ohne ihnen vorher zu sagen, wohin die Fahrt gehen sollte.