Wie entstehen Buchfiguren?

Im Büchertreff-Forum wurde heute in der Autorenecke die interessante Frage aufgeworfen, wie die Autoren eigentlich zu ihren Figuren kommen: Entwerfen sie ihre Buchfiguren am Reißbrett, empfinden sie sie realen Vorbildern nach oder spielen sie gar selbst in Gestalt ihrer Figuren in den Büchern mit?

Diese Frage nehme ich einfach mal zum Anlass, um ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern. Bei der einen oder anderen Buchvorstellung findet sich ja schon eine kurze Autorenplauderei, aus der sich schließen lässt, wie die Buchhelden zu dem wurden, was sie sind.

Von hinten angefangen: Ein Alter Ego meiner selbst ist keine meiner Buchfiguren, auch wenn sich natürlich nicht vermeiden lässt, dass mein Leben und meine Ansichten Einfluss auf das Denken und Handeln der von mir erschaffenen Figuren nehmen. Ich denke, das wäre selbst dann so, wenn ich einen Charakter schaffen wollte, der das genaue Gegenteil von dem darstellt, was ich bin und denke, denn dann wäre ich ja wiederum das, wovon dieser Charakter das Gegenteil sein soll, und bestimme damit durch mich die Figur.

Manche meiner Buchfiguren haben in gewisser Weise Vorbilder in der realen Welt. Das ist immer dann der Fall, wenn kleine Alltagssituationen, die ich zufällig beobachte, die Grundidee zu einer Geschichte liefern. Allerdings hat die fertige Geschichte am Ende oft überhaupt nichts mehr mit der Situation zu tun, die den Anstoß dazu gab, und jede Ähnlichkeit der Buchfiguren mit den "realen Vorbildern" wäre reiner Zufall. Was die Äußerlichkeiten betrifft, gehe ich ja oft ohnehin nicht so ins Detail, dass sich jemand kopiert fühlen könnte, und die Lebensumstände und Charakterzüge sind zu 99,9% ausgedacht. Geschichten, die auf solche winzigen Beobachtungen zurückgehen, sind zum Beispiel Im Regen gestanden - oder auch nicht oder mein in den nächsten Tagen erscheinender Roman Versteck dich!

In anderen Geschichten sind die Figuren tatsächlich frei erfunden. Moritz, Emma, Adrian und Mabelle aus Das Geheimnis des Schulenbergtunnels haben zum Beispiel keine Vorbilder in der realen Welt, ich habe die Charaktere grob umrissen und ihnen im Lauf der Geschichte Raum gegeben, sich weiter zu entfalten. Letzteres gilt für alle Charaktere, egal ob irgendwo angelehnt oder frei entworfen; ich lege mich am Anfang nicht zu genau fest und bekomme, während ich meine Geschichte schreibe, oft selbst erst ein Gefühl dafür, wie die Figuren ticken.

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